#Patientenverfügung #Vorsorgevollmacht
10.12.2019

Selbstbestimmt in jeder Lebenslage – mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung


Täglich treffen gerichtlich bestellte Berufsbetreuer Entscheidungen für Menschen mit eingeschränkter Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit. 1,5 Mio. Menschen sind davon alleine in Deutschland betroffen. Jährlich kommen 250.000 neue Betreuungsfälle hinzu. Nicht immer erfolgt die Betreuung dabei im Sinne des Betreuten oder der Angehörigen. Wie Sie in Krisenzeiten mit einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung selbstbestimmt bleiben können und worauf Sie bei der Erstellung achten müssen, erklärt Rechtsanwalt Alexander von Heydebreck in unserem Gastbeitrag.

Staatlich bestellte Betreuer

Dank der medizinischen Fortschritte in den letzten Jahrzehnten werden Menschen in westlichen Ländern immer älter. Damit geht allerdings auch einher, dass zwischen dem Verlust der körperlichen oder geistigen Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit und dem Tod des Betroffenen immer längere Zeiträume liegen. Kann der Betroffene nicht mehr für sich selbst bestimmen, ist eine sog. Betreuung erforderlich. Wurden keine anderen vorsorglichen Maßnahmen getroffen, wird diese vom zuständigen Betreuungsgericht veranlasst. In Deutschland gibt es zurzeit 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger, denen vom Gericht ein staatlicher Berufsbetreuer zugewiesen wurde. Jedes Jahr kommen 250.000 neue Verfahren hinzu. Damit hat sich die Zahl solcher Verfahren in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht. Staatliche Betreuung genießt dabei nicht den allerbesten Ruf. Gerichtliche Genehmigungserfordernisse machen sie oft recht schwerfällig und die Betreuung erfolgt nicht immer im Sinne der Betreuten oder der Angehörigen.

 

Vorteile privater Vorsorgevollmachten

Das 1992 eingeführte Betreuungsrecht ermöglicht es Ihnen, mithilfe sog. Vorsorgevollmachten in Krisenzeiten selbstbestimmt zu bleiben. Wichtigster Punkt einer Vorsorgevollmacht ist, im Falle einer Handlungs- und Entscheidungsunfähigkeit genau bestimmen zu können, wer in welchem Umfang Ihre Interessen wahrnehmen soll. Psychisch belastende Betreuungsverfahren können damit flexibel und kostengünstig vermieden werden. Mit körperlichen bzw. geistigen Schwächen des Betroffenen kann außerdem diskret umgegangen werden. Zwar stellen sich viele Vorteile einer Vorsorgevollmacht für die meisten Menschen erst im Alter ein. Dennoch ist sie auch für jüngere Menschen mit Familie und Unternehmer unverzichtbar. Denn niemand ist vor unvorhergesehenen Schicksalsschlägen gefeit!

 

Welche Formen der Vorsorgevollmacht gibt es?

Allgemein bekannt ist die Generalvollmacht, die dem Bevollmächtigten jede erdenkliche Handlungs- und Vertretungsfähigkeit einräumt. Allerdings erfasst diese keine Entscheidungen im medizinischen Bereich, denn nur mithilfe einer Patientenverfügung kann geregelt werden, welche Eingriffe in bestimmten Situationen zu erfolgen haben bzw. zu unterlassen sind. Maßnahmen zur Unterbringung in Krankenhäusern oder Pflegeheimen werden ebenfalls regelmäßig nicht von Generalvollmachten erfasst, weshalb entweder in einem weiteren Abschnitt der Generalvollmacht oder einem Zusatzdokument eine Vorsorgevollmacht die gewünschten medizinischen Behandlungsformen erfassen sollte.

Im rechtsgeschäftlich-praktischen Bereich regelt damit eine kombinierte General- und Vorsorgevollmacht alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten einschließlich des Post- und Telekommunikationsbereichs. Der Bevollmächtigte ist damit zum einen berechtigt, bei Banken, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sämtliche Erklärungen abzugeben und somit auch über Konten und Depots zu verfügen. Zum anderen ist der Bevollmächtigte damit befugt, in medizinischen Behandlungsfragen und sonstigen Gesundheitsangelegenheiten Informationen bei Ärzten, Krankenhäusern, Krankenversicherungen einzuholen.

Der größte Unterschied zu einer reinen Generalvollmacht besteht darin, dass die kombinierte General- und Vorsorgevollmacht dafür sorgt, dass im Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten die Vollmacht erst dann eingesetzt werden soll, wenn der betroffene Vollmachtgeber selbst tatsächlich nicht mehr handeln kann (oder hierzu ausdrücklich seine Zustimmung erteilt). Da aber gerade die Frage der Handlungsfähigkeit häufig medizinisch und tatsächlich schwer zu entscheiden ist, sollten diese Einschränkungen den Bevollmächtigten ausdrücklich nur im Innenverhältnis binden.

 

Wer sollte bevollmächtigt werden?

Wer Bevollmächtigter werden kann und zu welchem Zeitpunkt diese Person unter welchen Umständen auch tatsächlich von der Vollmacht Gebrauch machen soll, ist die Kernfrage vieler Menschen. Grundregel: Der Bevollmächtigte muss das absolute Vertrauen des Vollmachtgebers genießen! Der Vollmachtgeber kann zur Sicherheit z.B. auch mehrere Angehörige oder nahestehende Personen gemeinschaftlich bevollmächtigen. Die Vollmacht kann zunächst auch zurückgehalten werden und ein Dritter kann gebeten werden, diese erst auszuhändigen, wenn der Vorsorgefall eingetreten ist. Ebenfalls ist abzuwägen, ob die Vollmacht auch über den Tod hinaus gelten soll, um z.B. Erben handlungsfähig zu stellen.

Auch im Rahmen einer zusätzlichen Patientenverfügung besteht vielfältiger Regelungsbedarf. Jedem steht es frei zu entscheiden, welche Formen der Behandlung er in einer medizinisch-kritischen Situation erhalten möchte. Ebenso sollte jeder Vollmachtgeber selbst festlegen, ab wann auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden soll. Bevollmächtigte und behandelnde Ärzte können aber nur handeln, wenn es dezidierte Vorgaben gibt.

 

Form und Kosten der Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht kann grundsätzlich eigenhändig erstellt und unterzeichnet werden. Wer inhaltliche und formelle Fehler vermeiden möchte, sollte eine anwaltliche Beratung in Erwägung ziehen und seine Vollmacht zudem notariell beurkunden lassen. Die Kosten für die notarielle Beurkundung betragen maximal 1.735 €, allerdings auch bei einem Vermögen von mehr als 2 Mio. €. Diese Ausgabe rechnet sich immer dann, wenn im Ernstfall Grundvermögen belastet bzw. veräußert werden muss. Aber auch eine einfache privat-schriftliche Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung ist besser als gar keine Regelung.

Vorsorgevollmachten können z.B. beim Bundesministerium der Justiz heruntergeladen werden (https://www.bmjv.de/DE/Service/Formulare/Formulare_node.html).

 

Zusammenfassung und Empfehlungen

  • wenn keine Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung vorliegt:
    • Erstellen Sie in jedem Fall eine VV mit Patientenverfügung – eine einfache privat-schriftliche Vorsorgevollmacht ist besser als gar keine Regelung
    • Besonders wichtig ist eine VV für: Familien mit (jungen) Kindern; Unternehmer, Personen ohne nächste Angehörige und Immobilienbesitzer
  • wenn eine Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung vorliegt:
    • Prüfen Sie, ob die bevollmächtigten Personen noch verfügbar sind und ob die Papiere dieser Person jederzeit verfügbar gemacht werden können (z.B. auf vorsorgeregister.de)
    • Sind im Innenverhältnis ausreichend klare Anweisungen vorhanden?
    • Ist vermerkt, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gültig ist?
  • Sind Unternehmen und Grundstücke im Spiel, sollte die Vorsorgeverfügung notariell beurkundet werden (mindestens notariell beglaubigt)

Gern unterstützen Ihr persönlicher Berater und ich Sie bei weiteren Fragen zum Thema „Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung“.

Alexander v. Heydebreck
- R e c h t s a n w a l t -

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Alexander von Heydebreck

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